Die Menschen werden nicht durch die Ereignisse selbst, sondern durch ihre Sicht auf die Ereignisse beunruhigt.Epiktet
Versuchen Sie, die Dinge in Ihrem Alltag, die Ihnen nicht gefallen oder schwerfallen, aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten. Lassen Sie sie sich nicht von Ihren automatischen Bewertungen leiten, sondern hinterfragen Sie diese. Schauen Sie, welche Auswirkungen das auf Ihr Stresserleben hat.
Aber was genau ist Stress eigentlich? Und wie kann Achtsamkeit Sie dabei unterstützen, mit stressigen Erfahrungen so umzugehen, dass es Ihnen und Ihrer Gesundheit guttut? Weitreichende Fragen also, denen wir im Rahmen folgender Inhalte auf den Grund gehen:
- Lesen Sie im Wissenstext wichtige Hintergrundinformationen zum Thema Stress.
- Beobachten Sie, wie sich Stress bei Ihnen persönlich zeigt, und machen Sie den Selbsttest.
- Lernen Sie mit der einleitenden Übung „Achtsames Gehen“, sich auch in stressigen Situationen wieder zu zentrieren.
- Erfahren Sie im zweiten Wissenstext, wie Sie Ihrem Stress mit Achtsamkeit begegnen können.
- Als Hauptübung haben wir eine angeleitete Sitzmeditation vorbereitet, die Ihre Achtsamkeit auf Atem, Körper und Geräusche verbessern soll.
Im Auge des Betrachters
Im Gegensatz zu früheren Zeiten sind in unserer heutigen Gesellschaft die meisten als stressig erlebten Bedrohungen Produkt der eigenen Gedanken. Die ausgeschütteten Stresshormone werden dabei nicht automatisch durch eine körperliche Reaktion wie Kampf oder Flucht abgebaut. Hält die Alarmbereitschaft zu lange an, reagiert der Organismus mit Stresssymptomen und irgendwann mit chronischen Erkrankungen.
Die Stressforschung belegt, dass es nicht die Ereignisse selbst – die Stressoren – sind, die Stress verursachen. Vielmehr wird Ihre Stressreaktion im Wesentlichen davon bestimmt, wie Sie die Situation und Ihre Fähigkeit, damit umzugehen, einschätzen. Die Psychotherapeutin Dr. Fennell drückt das so aus: „Es ist nicht das, was geschieht, sondern, das was als nächstes geschieht, was die Probleme bereitet“. Fennell meint damit, dass die innere Reaktion und der eigene Umgang mit dieser die eigentlichen Stressverstärker sind, nicht die äußeren Ereignisse.
Natürlich ist es in einer Stresssituation immer wichtig, zu schauen, was der äußere Auslöser ist. Möglicherweise kann man diesen dann beeinflussen. Psychologen bezeichnen das als instrumentelle Stressbewältigung – und die ist oft sehr hilfreich. Es gibt jedoch auch viele Lebenslagen, in denen sich äußere Stressoren nicht oder nur sehr schwer aus dem Weg räumen lassen. In diesen Fällen können Sie trotzdem Einfluss auf Ihr Stresserleben nehmen. Denn Sie entscheiden selbst, wie Sie eine Situation bewerten. Sie können das, was passiert, als Teil Ihrer Lebenserfahrung betrachten, an der Sie vielleicht sogar wachsen können. Oder Sie kämpfen innerlich gegen das Geschehen an. Je eher und je klarer Sie erkennen, was Sie stresst und wie Sie innerlich darauf reagieren, desto leichter können Sie diese Reaktion ändern und sich langfristig besser fühlen.
Stress? Spüren Sie genau hin
Durch Achtsamkeit schulen Sie sich darin, Ihre Körperempfindungen, Gedanken und Gefühle klarer wahrzunehmen. Dasselbe gilt für Ihre innerlichen Reaktionen und Handlungsimpulse. Sie lernen, diesen ins Auge zu sehen und weise mit ihnen umzugehen, statt sie zu verdrängen.
Der erste wichtige Schritt für einen achtsamen Umgang mit Stress ist also das Innehalten. Denn nur so können Sie die frühen Anzeichen für Stress wahrnehmen und Ihre Stressreaktion erforschen.
Im nächsten Schritt schauen Sie dann nach einem sinnvollen Umgang mit Ihrem Stresserleben. Sie können sich gute Gegenmaßnahmen überlegen und eine bewusste Entscheidung treffen.
Wir laden Sie ein, sich genau zu beobachten, während Sie gestresst sind. Unser PDF-Arbeitsblatt liefert Ihnen dazu hilfreiche Anregungen und stellt Fragen, die Sie weiterbringen.
Zehn Minuten Achtsames Gehen
Probieren Sie für zehn Minuten eine Übung aus, die Ihnen helfen kann, sich in stressigen Situationen zu zentrieren. Im Anschluss reflektieren Sie wieder Ihre Erfahrungen. Was fühlte sich gut an? Wo sind Sie auf Hindernisse gestoßen? Die gründliche Reflexion hilft Ihnen für Ihre künftigen Übungen.
Achtsames Gehen
9:51 Min.
Wache Neugier statt Vermeidung
Stressige Situationen erlebt man oft als diffusen Zustand, in dem körperliches Unwohlsein mit unklaren Gedanken einhergeht. Gar nicht so leicht, dann nicht in typische, stressantreibende Gedanken wie „Du musst dich noch mehr anstrengen“ und in kopfloses Handeln zu verfallen!
Nehmen Sie sich einen Moment der Reflexion und erinnern Sie sich an eine stressige Situation. Vielleicht haben Sie gesagt „Ich bin angespannt“. Aber haben Sie tatsächlich genau gespürt, welche Muskeln in Ihrem Körper angespannt waren? Und wenn Sie im Stress wütend waren, konnten Sie wahrnehmen, wo der Ärger saß und welche Gedanken ihn befeuerten?
Für die meisten Menschen ist Stress ein eher schwammiges, überforderndes Gefühl, das mit Kontrollverlust einhergeht. Die typische Reaktion darauf ist die Vermeidung. Sie versuchen, die unangenehmen Empfindungen zu bekämpfen. Damit jedoch kämpfen Sie auch gegen sich selbst, denn es sind ja Ihre Empfindungen.
Die Achtsamkeit lädt dazu ein, völlig anders mit herausfordernden Erfahrungen umzugehen. Begegnen Sie Ihren Stresssymptomen wach, freundlich und mit Neugier. Sie können hier etwas über sich selbst erfahren. Üben Sie sich zunächst einmal darin, zu spüren, wie und wo sich der Stress in Ihrem Körper zeigt. Welche Gedanken gehen damit einher? Welche Gefühle kommen auf? Wie manifestieren sich diese im Körper? Und welches Verhalten wird dadurch automatisch ausgelöst?
Eine solche Haltung erlaubt es Ihnen, das Zusammenspiel aller am Stress beteiligten Ebenen zu ergründen. Sie wenden sich Ihrer Erfahrung mit freundlicher Neugier zu, anstatt sie zu vermeiden. Dieser Schritt ist nicht leicht, denn er widerspricht dem, was Sie automatisch tun würden. Aber er ist so hilfreich, dass Sie ihn unbedingt versuchen sollten.
Übungen für die Woche
Was stresst Sie? Und wie reagieren Sie innerlich darauf? Je eher und klarer Sie das erkennen, desto leichter können Sie etwas daran ändern und sich besser fühlen.
Tragen Sie Ihre Erfahrungen in die kommende Woche.
- Übung: Üben Sie im Wechsel an einem Tag die Sitzmeditation und am nächsten Tag 15 - 20 Minuten Gehmeditation.
- Übung: Bringen Sie das Gewahrsein der formalen Gehmeditation möglichst oft auch dem normalen, alltäglichen Gehen entgegen.
Beobachten Sie dabei Ihr Stresserleben. Versuchen Sie dabei auch, den Blick auf Ihre Körpersignale zu richten.
Füllen Sie jeden Abend das Arbeitsblatt aus.
Anregungen für die Gehmeditation
Gehen Sie zu Beginn langsamer als gewohnt. Üben Sie, Ihre Empfindungen beim Gehen bewusst wahrzunehmen. Sobald Sie sich damit wohlfühlen, können Sie mit Ihrem Gehtempo experimentieren. Sollten Sie sehr unruhig sein, kann es guttun, zunächst schneller zu gehen, und dann, während Sie ruhiger werden, das Tempo zu drosseln.
Sitzmeditation
Atem, Körper, Geräusche, 17:35 Min.